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BLOG - LESE-ECKE

Das Kreuz: ein Plus für mich?

Es war im Jahr 2016, als wir uns im Katholischen Tiroler Lehrerverein auf die Suche nach einem neugestalteten Logo gemacht haben. Unter einigen guten Vorschlägen stach eines besonders hervor. Die vier vertrauten Buchstaben waren eigentümlich verändert: „Das T sieht ja aus wie ein Kreuz!“, meinte eine Person, worauf eine andere antwortete: „Oder wie ein Plus!“

Es war diese Mehrfachbedeutung, die uns angesprochen hatte: Tirol – Kreuz – Plus. Wir entschieden uns dazu, uns nicht für eine einzige Interpretation zu entscheiden, sondern es jeweils der betrachtenden Person zu überlassen, welcher Aspekt in den Vordergrund treten sollte. Deshalb schreiben wir auch nicht mehr „KTLV“, sondern k+lv.

Die Diskussion rund um die von der Vertretung der JUNOS ins Tiroler Schüler*innen-Parlament eingebrachte Forderung, Kreuze aus den Klassenzimmern zu entfernen (März 2023), zeigt, wie selten wir uns doch über das Kreuzsymbol sprechen.


Das Kreuz mit dem Kreuz

Bis vor nicht allzu langer Zeit dachte man, in der Symboldidaktik wäre es möglich, Menschen ein Symbol erklären zu können. Die Symboldidaktik war mehr eine Symbolhermeneutik. Man ging davon aus, es gäbe gewisse „Ursymbole“, die sich allen Menschen erschlössen: Wasser, Brot, Licht, etc. Bis zu einem gewissen Grad wurde auch das christliche Kreuz als ein Symbol gesehen, das man den Menschen erklären könnte. Schließlich sei es in einem direkten Zusammenhang zum Kreuzestod Jesu zu sehen. Doch auch hier müsste man ehrlicherweise nachdenklich werden. Denn was genau bedeutet der Kreuzestod Jesu? Wurde er nicht damals schon von vielen als Narretei abgetan? Paulus schreibt im ersten Brief an die Gemeinde in Korinth: „Wir dagegen verkünden Christus als den Gekreuzigten: für Juden ein Ärgernis, für Heiden eine Torheit, für die Berufenen aber, Juden wie Griechen, Christus, Gottes Kraft und Gottes Weisheit.“ (1 Kor 1,23-24). 

Wir sehen: So einfach ist es nicht. Heute gehen wir in der Symboldidaktik eher den Weg der Symboldekodierung. Das bedeutet, nicht von inhärenten Symbolbedeutungen auszugehen, sondern die Symbole, bzw. deren Betrachtende jeweils neu zu befragen, welche Bedeutung im Symbol kodiert vorliegt. Diese Vorgehensweise ist oft mühsam, gerade im Zusammenhang mit dem christlichen Kreuz.


Symboldekodierung als partizipative Übung

Mühsam ist dieser Ansatz nicht zuletzt auch deshalb, da es mindestens so viele Möglichkeiten der Dekodierung gibt, wie Menschen, die sich mit einem Symbol auseinandersetzen. Die Ergebnisse sind oft widersprüchlich. Und dennoch haben sie alle Anteil an dem einen Symbol. Anders gesagt: Ein Symbol wird partizipativ konstruiert. Gerade mit dem Kreuz Jesu scheint dies auf besondere Weise zu stimmen. Jesus selbst lädt immer wieder ein, an seiner Mission teilzunehmen: „Und wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt und mir nachfolgt, ist meiner nicht wert.“ (Mt 10,38). Dabei schließt Jesus niemanden aus und setzt mit seiner radikalen Gewaltlosigkeit ein imposantes Zeichen dafür, dass ausnahmslos alle Menschen teilnehmen dürfen am Aufbau einer besseren Welt. So wird das miteinander Nachdenken um die Bedeutungen (Mehrzahl!) des Kreuzes zu einer partizipativen Übung. Die verschiedenen Bedeutungen, die auch widersprüchlich sein können, müssen schließlich auch zueinander in Dialog gebracht werden.


Das Kreuz wird zum Plus

Es mag eine Laune der Typographie sein, dass das Zeichen des Kreuzes und das Pluszeichen einander ähnlich sehen. Doch für das christliche Kreuz scheint es mehr als passend. Hier in Tirol sind wir überall und jederzeit von Kreuzen umgeben. Wir im k+lv sind der Überzeugung, dass das Kreuz auch als Plus gelesen werden kann. Jesus ist vehement dafür eingetreten, alle Menschen anzunehmen, wie sie sind. Sein Tod am Kreuz war konsequente Gewaltlosigkeit entgegen aller menschlichen Verurteilungen. Für uns ist das Kreuzzeichen ein Zeichen der Verbindung von unterschiedlichen Menschen und somit auch ein Mehrwert. 
Letztlich bedeutet auch das Wort „katholisch“ nichts anderes, nämlich „allumfassend“. Kirche ist dort, wo Menschen an Christus glauben. 


Das Plus für mich

Bewusst laden wir dazu ein, unseren Schriftzug k+lv als Einladung zu lesen, sich eine eigene Bedeutung der Zeichen zu suchen. Es gibt nicht die eine Bedeutung. Aber es gibt eine Vielzahl von Bedeutungen, die alle teilhaben an dem, was k+lv insgesamt ist. Diese Haltung des Pluszeichens versuchen wir in unseren Angeboten umzusetzen.

Was sagen wir nun also zur Diskussion rund um die Kreuze in den Klassenzimmern? Wir sehen darin eine pädagogische Chance, ins Gespräch zu kommen. Selbst in Tirol müssen wir das Kreuz nicht einfach als gegeben hinnehmen. Wir dürfen uns fragen: 

  • Was bedeutet für dich persönlich das Kreuz?
  • Ist es in dieser deiner persönlichen Bedeutung ein Plus für dich?
  • Könnte es ein Plus sein, dass du deine persönliche Bedeutung gefunden hast?

Wenn wir uns selbst auf diese Suche nach Antworten eingelassen haben, können wir auch die uns anvertrauten jungen Menschen auf ihrer eigenen Antwortsuche begleiten.

 

Mag. Phillip Tengg
Theologe und Geschäftsführer im k+lv

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Sag uns deine Meinung!

Waldmann Ulrike
31.03.2023 15:48

Meinungsdiktat

Darüber abzustimmen, das Kreuz nur bei 100%iger Akzeptanz im Klassenzimmer hängen zu lassen, dieser Vorschlag steht den Jugendlichen NEOsinnen oder JungGrüninnen einfach nicht zu.
Genau so wenig, wie es abnehmen zu lassen, wenn es eine 100%ige Ablehnung gäbe.
Jeder kann seine Zustimmung zum Kreuz zur Schau stellen, als Kette oder als Anstecker, wenn er damit seine Haltung zum Ausdruck bringen will. Neosinnen und JungGrüninnen könnten andere Symbole tragen.
Aber das Kreuz im österreichischen Klassenzimmer, also in einem öffentlichen Raum, der vom österreichischen Steuerzahler gestellt wird, nach ihren linken Wünschen zu entfernen als Umfrageergebnis unter Minderjährigen, da treten die Kids über eine Linie, die sie zu respektieren haben! Darüber hat einzig das Parlament mit der Kirche zu entscheiden.
Das Bild des vom Kreuz abgenommenen Jesus und des auferstandenen Jesus, entspricht vielleicht eher einer jungen Generation, die Vorbilder sucht unter Menschen mit Haltung und Zivilcourage. Wie viel Mut mussten die Freunde Jesu aufbringen, den Leichnam vor Einbruch der Dunkelheit und dem Beginn des Sabbath zu bergen? Wie viel Mut brauchte es, sich zum Auferstandenen zu bekennen? Solche Bilder sollten meiner Meinung nach im Klassenzimmer oder im Religions- bzw. Ethikunterricht für ALLE präsent sein.
Wo wird der Unterschied zwischen dem Hakenkreuz einer rechtsextremen Meinungsdiktatur zum entfernten Kreuz einer linksextremen Meinungsdiktatur überhaupt noch zu finden sein? Ich erinnere an die von Mao initiierte Kulturrevolution der Roten Armee, die von Jugendlichen getragen wurde. Jugendliche, aber auch Erwachsene neigen dazu, politischen Rattenfängern/Influenzern aufzusitzen. Einzig ein Kind konnte lachen: "Der Kaiser hat ja gar keine Kleider an."
Gabriele Buchmayr
31.03.2023 09:11

Das Kreuz - Symbol der Hoffnung und Liebe

Das Kreuz ist das Symbol der Christen.
Es darf nicht mehr in den Klassenzimmern hängen, aber islamische Mädchen und Lehrerinnen bestehen auf das Tragen von Kopftüchern im Unterricht in diesen Räumen? Wir Christen sind in den Augen vieler Islamisten die Ungläubigen und sollen nun das Symbol der Christen abhängen? Wir Christen achten in islamischen Ländern deren Sitten und Gebräuche, tragen z. B. ein Kopftuch und ziehen die Schuhe aus, wenn wir eine Moschee betreten, aber bei uns sollen die Christen aus Rücksicht auf eine andere Religion das Kreuz verleugnen und womöglich verschämt abhängen?
Es gäbe noch einige Beispiele aus den arab. Ländern zu erwähnen, wie dort religiöse Anpassung gesetzlich eisern durchgeführt und von allen Ausländern akzeptiert wird.
Es gibt sicher auch in islamischen Ländern anders gläubige SchülerInnen in deren Schulen. Ich nehme an, diese SchülerInnen müssen sich eben anpassen. Wir Christen leiden unter den Missständen, die leider in unserer Kirche vermehrt aufgedeckt werden, Nun soll auch noch das Kreuz, das für viele Menschen Kraft spendend und Halt gebend ist, abgenommen werden? Dieses Kreuz gehört in den Schulen unseren Kindern und unseren LehrerInnen, denen es Kraft und Zuversicht, Halt und Sicherheit im Glauben und Hoffnung für das Leben ist und daher bleiben muss! Religiöser Unterricht in unseren Schulen, ohne Kreuze? - Eine Verarmung unserer Gesellschaft und Kultur. Sollen in der Folge auch die Gipfelkreuze entfernt werden? Keine Bergmessen mehr? Welche Antworten würde unser Altbischof Reinhold Stecher finden?
Hoffnung und Liebe braucht jeder Mensch, egal woher er kommt.
KATHOLISCHER TIROL LEHREREVEREIN